Schlechter Strumpfhosentest

Screenshot RBB Strumpfhosentest

Der RBB hat untersucht, ob es in Drogeriemärkten Strumpfhosen in dunklen Hauttönen gibt.

Der Berliner Fernsehsender RBB hat für sein Verbrauchermagazin Super.Markt untersucht, welches Sortiment an Make-up, Feinstrumpfhosen und Pflaster verschiedene Drogeriemarktketten für People of Color haben. Das Ergebnis: Wenig, und das, obwohl Menschen mit nicht-weißer Haut inzwischen einen überproportional großen Anteil (verglichen mit ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung) haben. Das Ergebnis überrascht nicht. Allerdings nicht, weil diese Drogeriemärkte sich nicht um das Thema Diversität scheren, wie von RBB unterstellt, sondern einfach deshalb, weil der Ansatz der Untersuchung vollkommen falsch und unwissenschaftlich ist. Drogeriemärkte zeichnen sich gegenüber andern Vertriebsformen unter anderem dadurch aus, dass sie ihre Waren preiswerter anbieten. Dies ist aber nur möglich, wenn Waren in einer großen Menge eingekauft und an den Endkunden weiterverkauft werden können.

Nun leben in Deutschland aktuell aber vermutlich weniger als 1,5 Prozent Afrodeutsche. Man kann davon ausgehen, dass etwa die Häfte davon Männer sind, von denen nur ein Bruchteil als Käufer von Strumpfhosen infrage kommt – wenn überhaupt. Zudem kaufen nicht alle Frauen Strumpfhosen. Und wenn, dann vielleicht nicht unbedingt solche, die ihrem Hautton entsprechen. Kinder gehören schließlich ebenfalls nicht zur Zielgruppe für Strumpfhosen für Erwachsene. Somit liegt die relevante Gruppe der People of Color, die überhaupt Strumpfhosen kaufen, irgendwo zwischen 0,5 und einem Prozent Anteil an der Gesamtbevölkerung.

Der Schluss aus dem bisher Geschriebenen ist einfach: Der Markt für Strumpfhosen für Afrodeutsche ist schlichtweg sehr klein. Spezielle Produkte herzustellen, die in einem für Drogeriemärkte akzeptablen Preisspektrum zu finden wären und gleichzeitig einen hohen Durchlauf in den Regalen sicherstellen, ist nicht möglich.

 

Falscher Untersuchungsansatz

 

Daher ist schon der Untersuchungsansatz falsch. Die Fragestellung hätte nicht lauten dürfen „Gibt es im Drogeriemarkt Strumpfhosen für farbige Frauen?“, sondern „Gibt es überhaupt Strumpfhosen für People of Color?“. Will ich spezielle Produkte haben, kann ich diese nicht irgendwo erwarten, sondern muss schon dorthin gehen, wo sie angeboten werden (könnten). Ich werde beim türkischen Metzger kein Schweineschnitzel bekommen und beim Porschehändler kein Fahrzeug mit Wohnwagenausstattung.

Screenshot/Collage Hudson Hauttonberater

Der Hudson Hauttonberater listet zehn Strumpfhosenfarben von ganz hellem Crystal bis zu dunklem Mandel auf.

Mit ein wenig Rechercheaufwand hätte die Redaktion herausfinden können, dass im Markt sehr wohl Feinstrumpfhosen für People of Color zu finden sind. Zum Beispiel bei Kunert. Dort gibt es sogar einen Hauttonberater, der nach Beantworten weniger Fragen aus zehn Möglichkeiten Empfehlungen für die richtige Wahl der Strumpfhosenfarbe gibt. Auch Heist bietet seine 18-DEN-Strumpfhose The Nude in sieben Farbvarianten an, von sehr hell bis dunkelbraun. Mit Ownbrown und Nubian Skin gibt es sogar zwei Anbieter, die von farbigen Frauen gegründet wurden und sich explizit an Kunden mit afrikanischen oder karibischen Wurzeln wenden. All diese Produkte sind natürlich teurer, und die Bestellung ist unter Umständen nur online aus dem Ausland möglich. 

Ein methodische Fehlleistung ist allerdings die Unterstellung, die beiden ausgewählten Testerinnen Queen und Ode seien repräsentativ. Dem ist mitnichten so. Bei People of Color unterscheiden sich die Hauttöne ebenso wie bei „Biodeutschen“ oder Nordeuropäern. Soll heißen: Selbst wenn eine der beiden Testkäuferinnen in einem der besuchten Drogeriemärkte eine Strumpfhose in einer passenden Farbe gefunden hätte, hieße das nicht, dass andere Afrodeutschen dort ebenfalls fündig geworden wären.

 

 


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