Leseprobe: Unter Freunden
Schon als Teenager, der gerade gemeinsam mit seinen (männlichen) Freunden aus der Nachbarschaft seine Sexualität in Theorie und Praxis entdeckt, hat der Autor Marten de Trieste seine Vorliebe für Feinstrumpfhosen entdeckt. In seinem Buch „40 DEN | Erlebnisse eines Strumpfhosenfans“ beschreibt er eine Situation nach dem Kauf seiner ersten eigenen Feinstrumpfhose so:
„Trotz aller Vertrautheit hatte ich es bislang nicht gewagt, über meine Vorliebe für Strumpfhosen zu sprechen. Dieses Faible lebte ich nach wie vor allein in meinem Zimmer aus. Meistens. Manchmal unternahm ich auch Streifzüge durch einen nahen Wald. Wusste ich mich unbeobachtet, traute ich mich gelegentlich, meine Jeans auszuziehen und nur mit Schuhen, Strumpfhose und T-Shirt bekleidet die Situation zu genießen. Die Idee, Strumpfhosen öffentlich auch unter Menschen zu tragen, sollte ich erst Jahre später umsetzen.
Jedem Tierchen sein Pläsierchen
War ich mit meinen Freunden zusammen, hatte ich beim Durchblättern der Pornohefte häufiger als die anderen darauf aufmerksam gemacht, dass ich Frauen in Feinstrümpfen viel geiler fand als die ohne. Das war von meinen Freunden zur Kenntnis genommen worden, aber unkommentiert geblieben. So wie wir zur Kenntnis genommen hatten, dass Jürgen auf Frauen und Mädchen mit knabenhafter Figur stand, während Heinrich besonders durch Szenen angetörnt wurde, an denen mehr als ein Paar beteiligt war. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.
Dass mich das Berühren des dünnen Nylonstoffes enorm erregte, hatte ich aufgrund der Reaktion meiner Freunde für mich behalten. Ebenso wie die Tatsache, dass ich mich in Strumpfhosen wohl fühlte. Ich vermutete, dass diese Vorliebe bei meinen Freunden trotz unserer Vertrautheit für Irritationen gesorgt hätte. Denn ebenso wie Schwulsein seinerzeit unvorstellbar war und ,schwul‘ als Schimpfwort gebraucht wurde, hielt man Nylonstrümpfe und Strumpfhosen damals für Kleidungsstücke ausschließlich für Frauen.
Zudem hatten wir hin und wieder Pornohefte in die Hand bekommen, in denen vermeintlich historische Szenen nachgespielt wurden. Ungeachtet der Tatsache, dass es diese Kleidungsstücke nach heutiger Machart vor einigen Jahrhunderten gar nicht gab, trugen in den Bildergeschichten oft auch Männer weiße Nylonmodelle. Meistens stellten sie Diener in Livree dar, die früher oder später allein oder gemeinsam ihre Dienstherrinnen befriedigen „mussten“.
Bei einer dieser Szenen hatte ich gefragt, wie es sich wohl anfühlen möge, eine Strumpfhose zu tragen. Meine Freunde hatten darauf eher belustigt reagiert. Ich hatte das Thema deshalb nicht vertieft. Ich behielt es jedoch im Kopf. Mein Wunsch, sich meinen Freunden anzuvertrauen, war mindestens so groß wie mein Bedürfnis, den feinen Stoff hautnah zu fühlen.“