Die Journaille kann es nicht lassen

Für Redakteure an Tageszeitungen immer wieder eine Steilvorlage für eine aufmerksamkeitsheischende Überschrift: das Wort Strumpfhose(n).
Die Kollegen der Tageszeitung können es einfach nicht lassen: Besteht die Möglichkeit, einen nichtssagenden Artikel mit dem Wort Strumpfhose interessant zu machen, dann wird es konsequent gemacht. Zumindest dann, wenn der Autor glaubt, im Jahr 2022 könne das Wort Strumpfhoyswe für besondere Aufmerksamkeit sorgen. Insbesondere dann, wenn es nicht um Mädchen oder Frauen in Strumpfhosen geht, sondern – das stelle man sich einmal vor – um Jungen. „Jungs in pinken Strumpfhosen“ überschreibt die Tageszeitung Westfälische Nachrichten daher einen Beitrag. Darauf muss man erst einmal kommen. Denn zum einen ist das Thema des Beitrags Gleichstellung in einer Grundschule. Zum anderen erweckt die Headline den Eindruck, es gäbe in der Realität Jungs in pinken Strumpfhosen. Tatsächlich handelt es sich aber in diesem Zusammenhang nur um eine theoretische Annahme, ein Gedankenmodell. Nämlich, dass Jungen an derr Schule (und vermutlich auch sonstwo, xdenn genau darum dreht sich der Text) auch pinke Strumpfhosen tragen dürften, wenn sie es denn wollten. Zum journalistischen Desaster wird der Beitrags schließlich dadurch, dass das in der Überschrift angerissene Thema mit nur einem Satz am Ende auftaucht.